Lassen Sie uns unseren kurzen Ausflug in die Geschichte unserer Heimatdörfer mit einer großen Persönlichkeit des letzten Jahrtausends beginnen, auch wenn es a priori überraschen und für zwei kleine Juradörfer wie Burgmannshofen und Übersfeld etwas hoch gegriffen wirken mag: Lassen Sie uns mit Ludwig IV. beginnen, genannt der Baier, dem ersten Wittelsbacher auf dem römisch-deutschen Kaiserthron.
Ludwig wurde (wahrscheinlich) am 1. April 1282 in München als Enkel des damals regierenden Kaisers Rudolf I. von Habsburg gerade in eine Zeit hinein geboren, in der sich die beiden mittelalterlichen Universalgewalten des Abendlandes, Kaisertum (Imperium) und Papsttum (Sacerdotium), einen harten Kampf um die Vorherrschaft lieferten. Seit 1294 Herzog von Baiern und Pfalzgraf bei Rhein war es eben dieser Ludwig, der in der berühmten Schlacht von Gammelsdorf (1313) zunächst Bayern vor einer Ausweitung des österreichischen Machtbereiches unter Friedrich dem Schönen bewahrte und sich nach einer fast zeitgleichen „Doppelwahl“ beider Kontrahenten zum deutschen König letztendlich in der Schlacht bei Mühldorf (1322) gänzlich als alleiniger Regent durchsetzte.
Seine Auseinandersetzung mit dem Papst jedoch brachte Kaiser Ludwig den Kirchenbann ein, so dass ihm erst im Jahre 1625, also knapp 300 Jahre nach seinem Tod 1347, eine kirchliche Bestattung zugestanden wurde, nachdem sein Nachfahre Kurfürst Maximilian I. die Absolution für Ludwig erwirkt hatte.
Was aber hat ein Kaiser mit Burgmannshofen oder Übersfeld zu tun? Nun, wir werden später darauf zu sprechen kommen.
Als sich die römischen Legionen im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt – wohl um das Jahr 90 - anschickten, das Gebiet nördlich der Donau zu unterwerfen, drangen sie damit in bereits seit Urzeiten von Menschen besiedeltes Gebiet vor. Dafür legt nicht nur die „Rote von Mauern“ (eine Venusstatuette aus der Epoche des Homo sapiens sapiens) als einer der ältesten Funde menschlicher Kultur in Bayern überhaupt, sondern auch das ein oder andere Überbleibsel der Kelten (z.B. eine Viereckschanze bei Graisbach) beeindruckend Zeugnis ab. Während sich die Römer nun von den wiederholt von Norden her gegen das römische Weltreich drückenden Germanen dazu gezwungen sahen, einen gewaltigen Schutzwall aufzuwerfen, durchzogen unser Gebiet zur Versorgung der Truppen wichtige Militärstraßen, deren exakter Verlauf unter Historikern insbesondere noch im 19. Jahrhundert zu teilweise bemerkenswerten Diskussionen führte. Gesichert ist jedoch, dass sich bei Stepperg eine bedeutende Brücke über die Donau spannte und von dort Straßen unter anderem nach Nassenfels und Weißenburg verliefen. Zur Angabe von Entfernungen, aber auch zur Huldigung desjenigen Kaisers, der für das wohlausgebaute Straßennetz in einer besetzten Region verantwortlich war, wurden am Wegesrand Meilensteine errichtet.
Als die sogenannten germanischen Barbaren letztendlich obsiegten und die Römer den rhaetischen Limes um das Jahr 260 aufgeben mussten, war der beginnende Kollaps des Imperium Sine Fine wohl nicht mehr abzuwenden, der für den westlichen Teil des seit 395 geteilten Reiches schließlich mit der Absetzung des jugendlichen Kaisers Romulus Augustulus durch den Oberbefehlshaber der Armee Odoaker im Jahre 476 sein Ende nahm. Mit dem sich vollziehenden Zusammenbruch einer derart gewaltigen Machtinstanz schien sich die Welt in gigantischen Wanderungen ganzer Völker gleichsam neu zu ordnen, auch wenn unsere heutige Vorstellung von fest definierten Nationalstaaten noch über tausend Jahre bis zur französischen Revolution auf sich warten ließ – dafür wirkte sich dieser Gedanke dann umso umfassender in den bekannten Folgen aus.
Einige Jahrhunderte nach den Römern hatte das Volk der Franken seine Machtposition in Europa soweit ausgebaut, dass es sich mit der Krönung Karls des Großen am 25. Dezember 800 zum römischen Kaiser in die ideologische Tradition des Imperium Romanum stellen konnte. Zur besseren Organisation bildeten sich unter den Franken sogenannte Gaue heraus, dem der Gaugraf als Vertreter des Königs vorstand. Unsere Heimat war zu dieser Zeit Teil des Sualafeldgaues im Ostfrankenreich (Regnum Teutonicum), der ausgehend von einem königlichen Anwesen in Gosheim nach dem Flüsschen Schwalb benannt wurde und in seiner beachtlichen Ausdehnung sowohl bairische als auch fränkische und schwäbische Gebiete umfasste. Diese Mixtur kann man auch heute noch als für unsere Heimat charakteristisch bezeichnen.
In diese Zeit dürften auch die Anfänge der heutigen regionalen Besiedlungsstruktur datieren. Die Namensendung „-hofen“ wird beispielsweise als Relikt einer fränkischen Landnahme um das 7./8. Jahrhundert gedeutet, als einzelne Familienverbände Siedlungen als Vorläufer unserer heutigen Dörfer gründeten. Dessen eingedenk lässt sich der Name Burgmannshofen als „Hof des Burgomar (oder auch Burgmer)“ bzw. ganz analog Übersfeld als „Feld des Ueberich“ deuten. Selbstverständlich unterlagen die exakten Schreibweisen, sofern von dergleichen überhaupt die Rede sein kann, in Ermangelung einer umfassenden Rechtschreibreform im Laufe der Jahrhunderte gewissen Schwankungen. Bemerkenswerter Weise scheinen sich dennoch in der Mundart alte Aussprachen bis in unsere Zeit gehalten zu haben.
Die genannten Herren Burgmer und Ueberich waren allerdings nicht die einzigen Familienoberhäupter, die die hiesige Gegend als ihre Heimat erwählten, und so sind innerhalb der Burgmannshofener Fluren noch der Hurnhof und das Dorf Reichertshofen beurkundet. Beide Siedlungen überdauerten nicht bis in unsere Zeit, wir werden später noch darauf eingehen. Der Hurnhof zumindest hat als Flurname sein physikalisches Bestehen weit überlebt, und so ist auch heute noch vom „Hirn“ die Rede.
Während sich das Ostfrankenreich zu dem entwickelt, was später alsHeiliges Römisches Reich Deutscher Nation (Imperium Romanum Sacrum Nationis Germanicae) bezeichnet werden und insgesamt über 1000 Jahre Bestand haben wird, zerfallen die Gaue in Grafschaften, in denen die Grafen nicht mehr nur ein vom König verliehenes Amt bekleiden, sondern die Herrschaft erbliche Familienangelegenheit ist. So entstehen im Sualafeldgau um das 11. Jahrhundert die Grafschaften Truhendingen und eben Lechsgemünd.
Die Grafen von Lechsgemünd benannten sich nach ihrem Stammsitz an der Lechmündung nahe des heutigen Ortes Lechsend, ihre ursprüngliche Herkunft jedoch ist - wie für viele andere später so bedeutsame Adelsgeschlechter - nicht eindeutig nachvollziehbar, wird aber im bayerischen Nordgau vermutet. Die erste urkundlich bestätigte Erscheinung des Geschlechtes stammt aus dem Jahre 1078, als ein Heinrich de Lechesmundi als Parteigänger König Heinrichs IV. in der Schlacht bei Mellrichstatt im besten Mannesalter – er wurde vermutlich um das Jahr 1045 geboren - sein Leben lässt. Ein verwandtschaftliches Verhältnis zu Otto von Scheyern, dem Ahnherren der Wittelsbacher, ist nicht unwahrscheinlich, ein Kuno von Lechsgemünd (urkundlich 1091) soll dessen Halbbruder gewesen sein. Heinrich selbst dürfte der Sohn jenes Gaugrafen Liutger sein, der 1035 das Kloster St. Walburga in Eichstätt wiederherstellte und um 1070 auf einer Wallfahrt nach Füssen in Gempfing verstarb. Die Lechsgemünder waren ein außerordentlich mächtiges Geschlecht, ihr eigener Besitz, den sie einzig vom König selbst als Lehen hatten, war ebenso wie die Anzahl ihrer Ministerialen bemerkenswert stattlich, zudem verwalteten sie noch Gebiete im Lehen des Herzogtums Baiern. Besonders prägend für die hiesige Gegend waren die gräflichen Klostergründungen Kaisheim (1135) und Niederschönenfeld (1240), wobei Ersteres zur Grablege des Adelshauses erkoren wurde. Als die Grafen jedoch die Schifffahrt auf der Donau mit Zöllen belegten und sich so den Zorn der Handel treibenden Regensburger Bürgerschaft zuzogen, schickte diese ein Heer und zerstörte 1248 die alte Burg Lechsgemünd. Um diese Zeit wurde die nahegelegene Burg Graisbach, vormals Sitz eines Ministerialengeschlechtes, zur neuen Heimat der Grafen, die sich von da an auch nach dieser Ortschaft betitelten.
Während in München gerade unser eingangs erwähnte Ludwig das Licht der Welt erblickt, fällt noch ein weiteres bedeutendes Ereignis in die Herrschaftsepoche des Grafen Berthold IV. von Lechsgemünd-Graisbach, dem Landesherrn unserer Heimat. Ins Jahr 1280 (30. Oktober) nämlich datiert die erste bekannte urkundliche Erwähnung von Burgmannshofen, das sich gerade im Besitz des Reimbot von Mulenhart als bischöflich-eichstättisches Lehen befindet. In dem genannten Dokument wird die Schenkung einer Hube (Halbhof) ausBurchmarshoven an das Kloster Kaisheim bestätigt. Der Nachbarort Übersfeld findet sich etwa zur gleichen Zeit (1. März 1291) in einer Kaufurkunde des Grafen Berthold von Graisbach wieder, welcher das Dorf wiederum samt Patronatsrecht an den Bischof von Eichstätt verkauft. Im Rahmen dieses Handels wird Übersfeld bereits 1304 als Sitz einer Pfarrei genannt, die dem Heinrich von Otting als Herr der Hofmark Tagmersheim zu Lehen gegeben wird. Das Patronatsrecht blieb tatsächlich seit damals stets bei den Herren von Tagmersheim, heute die gräfliche Familie derer von Moy. In diesem Zusammenhang darf jedoch als gesichert angesehen werden, dass auch Burgmannshofen einst eine eigene Pfarrei mit dem Stuberhof (heute „Stuberler“) als Pfarranwesen war. Hierfür spricht insbesondere ein alter und sehr breiter Taufstein, der erst während „Renovierungsarbeiten“ unter Pfarrer Riedmayer (ca. Ende 1960er-Jahre) brutal aus der Dorfkirche entfernt wurde. Als weitere Besitzer von Lehensgütern in unseren beiden Heimatortschaften erscheinen in dieser Zeit neben den bereits Genannten noch unter anderem die Äbtissin von Neuburg sowie das Kloster Niederschönenfeld, welches 1298 von Praun Berthold von Renherzhofen samt dessen Hausfrau Luitgardis eine Hube in Burgmannshofen erhält, wobei dieser klösterliche Besitz dahier noch länger nachweisbar ist. Soweit überliefert, lassen sich in Burgmannshofen einstige Zugehörigkeiten gemäß der Tabelle am linken Rand feststellen.
Während also auf dem Land fleißig mit Besitztümern gehandelt wurde, bahnte sich auf politischer Ebene eine neue Epoche an, die mit dem Ende einer Anderen ihren Anfang nahm.
Die Grafen von Lechsgemünd-Graisbach waren stets treue Anhänger der regierenden Kaiser, insbesondere wenn zum Kampf gerufen wurde. Als Ludwig der Baier 1313 gegen seinen habsburgischen Vetter Friedrich den Schönen bei Gammelsdorf ins Feld zieht, befindet sich Graf Berthold V. ebenso in dessen Gefolgschaft wie einige Jahre später in einer Schlacht bei Mailand. Da die beiden Söhne des Grafen bereits vor dem Vater gestorben und die beiden Töchter ins Kloster Niederschönfeld eingetreten waren, erbte nach seinem Tod am 8. Oktober 1324 sein Bruder Gebhard die stattliche Grafschaft. Gebhard jedoch war als Bischof von Eichstätt der letzte männliche Nachkomme des Hauses Lechsgemünd-Graisbach, gleichwohl nicht minder kaisertreu. Als Ludwig 1327 gen Italien aufbricht, um sich die eiserne Krone der Langobarden aufs Haupt zu setzen und sich 1328 in Rom – wenn auch nicht vom Papst - zum Kaiser krönen zu lassen, begleitet ihn auch der Kleriker. Der Bischof jedoch erliegt noch im Jahre 1327 fern der Heimat der Pest und so findet gemeinsam mit ihm ein ganzes Adelsgeschlecht in der Kirche S. Frigidiani in Lucca seine letzte Ruhe.
Nichtsdestotrotz war ein Erbe schnell gefunden: Graf Berthold von Marstetten, genannt von Neifen, stand als Sohn einer Schwägerin Bertholds V. in engem Kontakt zur vorigen Grafenfamilie und erscheint bereits 1322 selbst als Graf von Graisbach, also noch zu Lebzeiten der Lechsgemünder. Seine wohl nicht geringe politische Bedeutung in der damalige Zeit wird deutlich, als er 1323 als Generalvikar Ludwigs nach Italien entsandt wird.
Da Kaiser Ludwig befürchten musste, dass auch das Domstift Eichstätt nach dem Tod des Bischofs Gebhard Ansprüche auf die Grafschaft geltend machen könnte, verlobte er seinen Enkel Friedrich, genannt der Weise, mit Anna, der Tochter Bertholds von Neifen, drängte dessen Töchter in Klöster und konnte somit die Herrschaft nach dem Tode Bertholds 1342 als Heiratsgut Annas für das Haus Wittelsbach sichern. Die Feste Graisbach überließ Ludwig der Baier nebst einigen anderen ehemals gräflichen Gütern der Agnes, Witwe des Grafen Berthold von Neifen, und dem Swigger von Gundelfingen.
So wurde unsere Heimat durch Kaiser Ludwig den Baiern im politischen Sinne herzoglich bayerisch.
Das einfache Volk bekam diese hochkarätigen politischen Ereignisse auf weitaus elementarerer Ebene zu spüren. Einerseits kosteten besonders die Romzüge des Kaisers viel Geld und belasteten nicht nur das gemeine Volk, das Transportwagen, Pferde und dergleichen zu stellen hatte, sondern auch den einfachen Adel, der – sofern nicht bereits geschehen - zusehends verarmte und sich durch Verkauf von Land und Besitz an Klöster über Wasser halten wollte. Das sich dadurch sehr negativ entwickelnde Verhältnis zwischen Landadel und den Klöstern sollte später im Zusammenhang mit dem Bauernaufstand im 16. Jahrhundert noch eine entscheidende Rolle spielen. Auf der anderen Seite brachte der Konflikt zwischen Kaiser und Papst neben dem Kirchenbann für Ludwig 1324 auch noch das Interdikt für sein Land, es durften also keine Gottesdienste und kirchlichen Begräbnisse gefeiert werden. Den Unterlagen zufolge hielt man sich auf dem Land durchaus an dieses Verbot.
Nach dem Tode Ludwigs des Baiern im Jahre 1347 regierten dessen 6 Söhne zuerst gemeinsam das Herzogtum Baiern, zu dem in dieser Zeit noch Brandenburg und Tirol gehörten. Wie bei derart vielen Herrschern nicht anders zu erwarten, kommt es 1349 zur Landesteilung, Oberbayern und somit auch unsere Heimat, sowie Brandenburg und Tirol erhalten die Brüder Ludwig V., Ludwig VI. und Otto V., genannt der Faule. Als 1361 Ludwig V. als letzter der drei stirbt, fällt die Herrschaft an seinen Sohn Meinhart, nach dessen Dahinscheiden 1363 wiederum an Stephan II. von Niederbayern, Sohn Ludwigs des Baiern. Die 3 Söhne des Stephan regieren ab dem Tod des Vaters 1375 zuerst gemeinsam, geraten aber miteinander in Streit. 1392 wird das Land erneut geteilt, es entstehen die Herzogtümer Bayern-München, Bayern-Landshut und das auch unsere Heimat umfassende Bayern-Ingolstadt unter Herzog Stephan III., wegen seiner prächtigen Hofhaltung genannt der Kneißl.
In welchem Maße die ländliche Bevölkerung an diesen politischen Vorgängen Anteil nahm, ist unklar. Bedenkt man jedoch, dass gerade ab 1350 bei uns – wie auch auf dem ganzen restlichen europäischen Kontinent - die Pest in verheerendem Ausmaße wütete und sogar etlichen Klosterbrüdern in Kaisheim ihr Leben nahm, so mag der Name des gerade regierenden Wittelsbachers wohl eher einer Belanglosigkeit gleichgekommen sein.
Aus der politischen Teilung des Bayernlandes resultierte indes nicht die gewünschte Harmonie unter den wittelsbachischen Verwandten, es herrschte Missgunst und das Streben nach mehr Einfluss in den jeweils anderen Herzogtümern. So drohte bereits im Jahre 1393 ein erster Krieg, der jedoch durch den plötzlichen Tod des Landshuter Herzogs abgewendet werden konnte. Ein Jahr später hingegen wurden die Feindseligkeiten im sogenannten Ersten Bayerischen Hauskrieg bereits offen ausgetragen. Ludwig VII. der Bärtige, Sohn Stephans III. und Erbauer des Neuen Schlosses in Ingolstadt, wollte geplanten Münchner Kriegsvorbereitungen mit einem Angriff auf Freising zuvorkommen und nahm infolgedessen am Dreikönigstag 1395 auch Neuburg an der Donau ein. Das Geplänkel endete um Lichtmess ohne eindeutiges Ergebnis.
War man zur Regierungszeit Herzogs Stephan III. neben den verwandtschaftlichen Streitigkeiten noch um die Rückeroberung des verlustig gegangenen Tirols durch einen Einfall in das Unterinntal (1410) bemüht, so standen bereits nach seinem Tod 1413 alle Zeichen auf Bürgerkrieg. Zwar versuchte Ludwig VII., nun Ingolstädter Herzog, zunächst auf juristischem Weg mehr Einfluss im Landshuter Gebiet zu erhalten, aber alsbald wurden die Auseinandersetzungen handgreiflicher. So entging Ludwig nur knapp einem Mordanschlag, nachdem er seinen Vetter Heinrich XVI. von Landshut als „Sohn eines Kochs“ beschimpft hatte.
Der Streit eskalierte im Bayerischen Krieg (1420 - 1422) zwischen den Ingolstädtern und den Landshutern, zu denen sich neben den Burggrafen von Nürnberg und dem Bischof von Eichstätt auch noch die Grafen von Oettingen gesellten. Unsere Gegend wurde besonders im Jahre 1421 in Mitleidenschaft gezogen, als die Koalition um die Landshuter bei Rain lagerte, von dort aus die Gegend bis Neuburg verwüstete und dabei auch Rennertshofen einnahm. Am 17. Juli erfolgte der Angriff auf die Feste Graisbach, welche schließlich am vierten Tage der Belagerung fällt und den Siegern damit die Gegend um Monheim bis nach Gaimersheim preisgab. Die Hüttinger Burg brannte in diesen Tagen vollständig aus und blieb bis heute eine Ruine. Herzog Ludwig VII. musste in diesem Krieg zusammen mit seinem Sohn Ludwig VIII. letztendlich eine herbe Niederlage einstecken.
Mit Ludwig VIII. begegnet uns auch die einstige Grafschaft Graisbach wieder. Diese wird demselben nämlich bereits im Jahre 1416 von seinem Vater als Zeichen für die Einbindung in die Regierungsgeschäfte überlassen. So erscheint Ludwig VIII. zumindest formell als Graf von Graisbach.
Trotz dieser Zuwendung hegte er dennoch persönliche Gräuel gegen seinen Vater, den er der Bevorzugung eines anderen, unehelichen Sohnes beschuldigte, verbündete sich 1443 mit dem Landshuter Erzfeind Heinrich und nahm seinen Vater in Neuburg an der Donau gefangen. Nach dem frühen kinderlosen Tod des neuen Herzogs Ludwig VIII. 1445 wurde Ludwig VII. vom Pfleger zu Graisbach kurzerhand an die Ansbacher ausgeliefert, die ihn 1446 wiederum den verbündeten Landshutern überließen. Schließlich starb Ludwig 1447 als Gefangener in der Burg zu Burghausen, wohin – nebenbei bemerkt – nach der von Heinrich XVI. begründeten Tradition auch die Ehefrauen der Landshuter Regenten verbannt wurden. Das Herzogtum Bayern-Ingolstadt ging somit nach gut 50-jährigem Bestehen ohne nennenswerten Einspruch der Münchner Wittelsbacher in der Niederbayerisch-Landshuter Herrschaft auf.
Das Schicksal Ludwigs VII., der als Schwager des geistesschwachen französischen Königs Karl VI. zeitweilig de facto Regent Frankreichs war, letztendlich aber als Gefangener des eigenen Verwandten aus dem Leben schied, trägt in gewisser Weise tragische Züge.
Der fruchtbare Boden Niederbayerns und reger Handel – auch auf Kosten der Landshuter Bürgerschaft – brachten unserem neuen Landesherrn den Beinamen „der Reiche“ ein, ein Attribut, welches noch zwei weitere Generationen charakteristisch für die Herren der Burg Trausnitz bleiben sollte. Jedoch, die Pest zeigte sich dadurch wenig beeindruckt, und so starb Herzog Heinrich bereits 1450 den Schwarzen Tod.
Waren im Krieg gegen Ingolstadt die Ansbacher noch Verbündete der Landshuter gewesen, so geriet Markgraf Albrecht Achilles von Ansbach durch seinen wachsenden Machtanspruch in Franken – sein Traum von einem Herzogtum Franken scheiterte indes an den Nürnbergern - bald in Konfrontation mit Herzog Ludwig IX., dem Sohn Heinrichs. In einer Koalition mit unter anderem Ulrich von Württemberg und der Reichsstadt Augsburg wurde auch unsere Heimat besonders im Jahre 1462 von dieser Auseinandersetzung schwer in Mitleidenschaft gezogen. Nach Neujahr wüteten die Truppen des Markgrafen in einem „Ritt mit Brand“ bis an die Donau, Graisbach wurde erobert und Monheim gar niedergebrannt. Wenn auch die Landshuter im Juli des gleichen Jahres in der Schlacht bei Gingen obsiegen sollten, so verschwanden im Laufe dieses Krieges viele Weiler und Gehöfte von der Landkarte. Der bereits erwähnte Hurnhof auf Burgmannshofener Flur wird wohl ebenfalls im Jahre 1462 zerstört und nicht wieder errichtet, die Zeit mag für einsam gelegene und damit nahezu schutzlose Höfe vermutlich zu gefährlich geworden sein.
Nach Ludwigs Übergriffen auf die Reichsstädte Dinkelsbühl und Donauwörth befand er sich überdies mit Kaiser Friedrich III. bis zum Frieden von Prag (1463) im Kriegszustand.
Doch nicht nur die Gewalt beherrschte die Regierungszeit Ludwigs IX. Bereits 1472 gründete der Herzog mit päpstlicher Genehmigung in Ingolstadt die erste Universität Bayerns, die ihm zu Ehren noch heute seinen Namen trägt (Ludwig-Maximilians-Universität), auch wenn sie mittlerweile über Landshut (1800) nach München (1826) verlegt worden ist.
Seinen Sohn Georg verheiratete Herzog Ludwig 1475 in einem derart großartigen Fest mit der polnischen Königstochter Hedwig, dass es alsLandshuter Hochzeit in die Geschichte einging und noch heute alle 4 Jahre in Landshut gefeiert wird. Selbst Albrecht Achilles äußerte sich zu dieser Hochzeit angesichts der von außen drohenden türkischen Großmacht bemerkenswert positiv, sie sei „zum Nutzen von Christenheit und Reich“. Über welche andere Hochzeit wurden jemals derart wohlklingende Worte gefunden?
Obwohl diese Ehe also unter guten Vorzeichen stand, war sie bereits der Anfang vom Ende des stolzen Herzogtums. Denn als Herzog Georg im Jahre 1503 in Ingolstadt verstarb, hinterließ er keinen legitimen männlichen Nachkommen. Entgegen den wittelsbachischen Hausgesetzen, nach denen in diesem Falle die Münchner Linie erbberechtigt gewesen wäre, setzte Herzog Georg seine Tochter Elisabeth samt deren Ehemann Ruprecht von der Pfalz als Nachfolger ein. Da zudem nach Reichsgesetz auch der Kaiser Ansprüche auf die Landshuter Herrschaft geltend machen konnte, entstand eine brisante Situation, die sich im verheerenden Erbfolgekrieg (1503 -1505) entlud.
Eine interessante Episode zu Beginn des Krieges spielte in unserer direkten Nachbarschaft, nämlich in Buchdorf. Ruprecht von der Pfalz soll von seinem Stützpunkt Neuburg aus ohne Begleitung durch Buchdorf geritten und dabei von den ortsansässigen Weibern gefangen genommen worden sein. Durch Komplimente und Geld konnte er sich jedoch freikaufen und einen scheinbar derart guten Eindruck hinterlassen, dass die Buchdorfer die Seiten wechselten und sogar kaiserliche Boten erschlugen. Zur Strafe sollte der Ort später durch denSchwäbischen Bund zerstört werden.
Nachdem sowohl Elisabeth als auch Ruprecht während des Krieges starben, entschied Kaiser Maximilian in einem Schiedsspruch, das Herzogtum Landshut aufzuteilen. Den größten Teil erhielten die Münchner Wittelsbacher, der Kaiser selbst entschädigte sich mit Kufstein. Unsere Heimat wurde Teil des neu gegründeten HerzogtumsPfalz-Neuburg (die Junge Pfalz) mit Neuburg an der Donau als Hauptstadt unter der Regierung von Ottheinrich und Philipp, den Enkeln des Herzogs Georg. Da die Brüder noch minderjährig waren, wurde zunächst Kurfürst Philipp von der Pfalz und nach dessen Tod 1508 sein Sohn Pfalzgraf Friedrich II. als Vormund eingesetzt.
„Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Ding und niemand untertan.
Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Ding und jedermann untertan!“
(Luther, Von der Freiheit eines Christenmenschen)
Es kann sicherlich nicht verwundern, dass diese dialektische Kunstfigur Martin Luthers für viele der armselig lebenden und ausgebeuteten Bauern zu Beginn des 16. Jahrhunderts als Funke am Pulverfass wirkte, auch wenn diese Aussage alles andere als eine politische Stellungnahme sein sollte. Man hörte, was man eben hören wollte. Ganz konkret bedeutete dies die Unrechtmäßigkeit vieler Abgaben, die der bäuerliche Stand zu leisten hatte. Eine derart angeheizte Stimmung im Landvolk kam so manchem Adligen gerade Recht, der - wir sprachen bereits davon – aufgrund Verarmung und Verlust von Besitz ohnehin noch eine Rechnung mit dem Klerus, insbesondere mit den mächtigen Klöstern offen hatte. So bildete sich im fränkischen Gebiet bald ganz formell ein Raubritterbund, der mit Euchar von Otting zu Tagmersheim auch in unserer Gegend bedeutenden Einfluss gewann. Gleichwohl blieb der Bauernkrieg um 1525 vornehmlich auf den (Süd-)Westen Deutschlands beschränkt und schaffte es nicht so recht, auch in unsere Gegend herüberzuschwappen, abgesehen von kleineren Geplänkeln um Dollnstein und die Feste Wellheim. Großen Anteil daran hatte der bereits 1488 durch Kaiser Friedrich III. gegründete Schwäbische Bund, ein Zusammenschluss schwäbischer Reichsstände, der bereits 1504 auf Seite der Münchner Wittelsbacher gegen die Pfälzer gekämpft und 1523 mit der Zerstörung der Burg zu Tagmersheim auch dem Raubritter Euchar Einhalt geboten hatte.
Als Ergebnis des letztendlich niedergeworfenen Aufbegehrens sanken die Bauern in der sozialen Hierarchie noch weiter und hatten der regierenden Obrigkeit, die das Land nun verstärkt mit Juristen und Bürokratie knechten konnte, bald noch weniger entgegenzusetzen also zuvor.
Im gleichen Jahr 1523 wurde der Sitz des Landgerichtes Graisbach, in dem die ehemalige Grafschaft zumindest als Verwaltungseinheit fortlebte, nach Monheim verlegt, so dass unsere Heimat von nun an Teil des Landgerichtes Graisbach-Monheim ist, dessen beachtlicher Einflussbereich (nach Norden hin bis in die Gegend um Spalt südlich von Nürnberg) aus der einstigen Größe der Grafschaft resultiert. Das Kastenamt des Landgerichtes verblieb jedoch noch bis 1750 in der Burg zu Graisbach.
Die Frage der Konfession ist in unserer Gegend untrennbar mit Herzog Ottheinrich verbunden, der seit seiner Volljährigkeit 1522 zunächst zusammen mit seinem Bruder, ab 1535 den südlichen Teil des unter den beiden Brüdern geteilten Territoriums und schließlich ab 1541 wieder gesamt Pfalz-Neuburg regierte.
Als echter Renaissance-Fürst mit entsprechend ausschweifendem Lebensstil war dieser Herzog von ständiger Geldnot geplagt, und so kam ihm die neue Lehre gerade recht, durch die er auf legitime Art und Weise Klöster enteignen und deren Besitz für sich beanspruchen konnte. In Anbetracht der tiefen Frömmigkeit des Herzogs, die er beispielsweise durch eine aufwändige Wallfahrt ins Heilige Land 1521 zum Ausdruck brachte, mag dieser Sinneswandel durchaus verwundern.
Am 22. Juni 1542 jedenfalls wurde per herzoglichem Edikt der Lehramtswechsel verkündet. Man mag sich heute fragen, wie ein derart gravierender Umbruch so einfach geschehen konnte. Nun, vielleicht deswegen, weil es gar nicht als Umbruch wahrgenommen wurde bzw. werden sollte. Während man dem einfachen Volk gegenüber behauptete, es würde lediglich gegen sich im Laufe der Zeit eingeschlichene Missstände in der Kirche vorgegangen, wurde der Klerus auf das nächste Konzil vertröstet, welches Klarheit schaffen sollte. Gleichzeitig jedoch wurden landesweit die katholischen Priester durch protestantische ersetzt.
Politisch war Ottheinrich trotz allem vorerst am Ende. 1544 übernahmen die Landstände nicht nur dessen Schulden, sondern auch die Regierungsgeschäfte im Herzogtum. Als 1546 Kaiser Karl V. gegen den Schmalkaldischen Bund kämpfte (Schmalkaldischer Krieg), in welchem sich protestantische Fürsten – so auch Ottheinrich – zusammengeschlossen hatten, musste der Herzog nach der Eroberung Neuburgs durch kaiserliche Truppen im September des Jahres das Exil beim Kurfürsten in der Pfalz antreten.
Unsere Heimat lag in diesem Krieg genau zwischen den Fronten: Der Kaiser lagerte zunächst bei Regensburg, dann bei Marxheim, der Bund in der Gegend um Donauwörth. Es ist schon interessant, dass im Zusammenhang mit dem Lager bei Marxheim in niederländischen Quellen – im Gefolge des Kaisers befanden sich auch niederländische Truppen – von einer „erbärmlichen Gegend“ und „elendem Loch“ die Rede ist.
Mit dem Abzug der Truppen Richtung Monheim im Oktober 1546 endeten die kriegerischen Handlungen für unsere Heimat, es blieb das Joch, die riesigen Heere weiter zu versorgen. Die Rekatholisierung wurde bereits 1548 mit dem Einsetzen katholischer Priester vorangetrieben, nahm jedoch mit dem Wechsel des Kriegsglückes ein Ende. Ottheinrich konnte im April 1552 in das zurückeroberte Herzogtum zurückkehren und erneut die Reformation befehlen.
Im Jahre 1557 überließ Ottheinrich – mittlerweile Kurfürst von der Pfalz und damit zweiter Mann im Reich mit Residenz in Heidelberg – das Fürstentum Pfalz-Neuburg gemäß den Heidelberger Verträgen von 1553 Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken, dessen Sohn und Nachfolger Philipp Ludwig das bekannte Donauwörther Fahnengefecht unterstützte, indem er Teilnehmer der Prozession verprügeln ließ.
In das Jahr 1570 datiert die letzte urkundliche Erwähnung des benachbarten Dorfes Reichertshofen. Die Gründe für das Verschwinden der Siedlung sind leider nicht bekannt.
Waren die Gründe Herzogs Ottheinrich für das Forcieren des Protestantismus im Herzogtum Pfalz-Neuburg auch zweifelhaft, so sind es diejenigen von Herzog Wolfgang Wilhelm nicht minder, wieder katholisch zu werden. Mit seiner 1613 zunächst heimlichen, 1614 dann öffentlichen Konversion und der infolgedessen möglichen Heirat mitMagdalene von Bayern sicherte er sich durch die Unterstützung der 1609 errichteten Katholischen Liga die Herzogtümer Jülich und Berg. Die Katholische Liga indes war der Gegenspieler der Protestantischen Union, die nach der Reichsexekution von Donauwörth 1608 in Auhausen (heute Landkreis Donau-Ries) gegründet worden war. Die Fronten des aufziehenden Krieges waren damit bereits mehr als deutlich. Während unser Herzog durch geschicktes Taktieren die von beiden Seiten anerkannte Neutralität seines Herrschaftsgebietes erreichte, gab er das Landvolk in die Obhut jesuitischer Missionare, bevor um 1616 wieder katholische Pfarrer eingesetzt werden konnten. Allerdings wird berichtet, dass es diese durchaus schwer hatten, den erneuten Lehramtswechsel theologisch kompetent im Volk zu festigen. Als besonders resistent erwiesen sich hierbei die Übersfelder, die weiterhin beharrlich bei der protestantischen Lehre verbleiben wollten und sich dieses Recht vom Neuburger Fürsten auch erfolgreich einforderten. Der gnädige Herzog entsandte überdies noch gut 50 Reiter, um das kleine Dorf vor eventuellen Übergriffen durch Katholiken zu bewahren. Woran die Priester jedoch so leidlich gescheitert waren, das vollbrachten die einquartierten Soldaten ohne viel Mühe. Deren ausschweifendes Leben auf Kosten der Bauern nämlich überzeugte die Übersfelder sehr bald, dass es wohl besser sei, keines Schutzes zu bedürfen.
Der folgende Krieg von 1618 bis 1648 sprengt in seiner Brutalität und zerstörerischen Macht sicherlich unsere heutige Vorstellungskraft. Die gewaltigen Heere bestanden aus Soldaten und Söldnern, die oft ihre ganze Familie im Schlepptau dabei hatten und gleichsam riesiger Heuschreckenschwärme über die Ernte des Landes herfielen. Den einfachen Menschen blieb meistens nur die Flucht in die Wälder, während ihre Dörfer in dunklem Rauch aufgingen. Neben den tatsächlichen Schlachten des Krieges waren der Hunger und die Rücksichtslosigkeit der umherziehenden Menschenmassen die eigentlichen Feinde der Bevölkerung, eben auch auf neutralem Territorium.
Mit dem Herannahen der Schweden drang der Krieg 1632 dann auch in unsere Heimat vor. Da unsere Vorfahren bis dahin noch keinen Tabak kannten und von dessen Genuss keine Vorstellung hatten, erschienen die Pfeife rauchenden Fremden bald als leibhaftige Teufel, denen Feuer und Rauch aus dem Mund zu entsteigen schien. Nach der bekanntenSchlacht bei Rain am 15. April 1632, in der der Heerführer der Katholischen Liga Graf Tilly eine letztendlich tödliche Verwundung erlitt, blieben die siegreichen Schweden in der Gegend und legten dem Land empfindliche Abgaben auf. Dieser Umstand sollte sich auch nicht mit dem Einmarsch der kaiserlich-bayerischen Truppen 1634 ändern, erst 1635 war der Heimat etwas Ruhe gegönnt: Die Pest flaute ab und Herzog Wolfgang Wilhelm verteilte im Volk Getreide und in Wien gekaufte Rinder.
Es folgten jedoch einige besonders schlimme Jahre, so dass 1640 im ganzen Landgericht Graisbach nur noch 152 Menschen ein Haus ihr eigen nennen konnten – von wohlgemerkt einst 2615 Untertanen. In Burgmannshofen ist noch ein einziger Einwohner vermerkt. Nachdem das Aufeinandertreffen bayerischer und schwedischer Truppen am 15. Mai 1648 abermals bei Rain eine Verwüstung hervorbrachte, die mit derjenigen zur Zeit der Hunneneinfälle verglichen wurde, brachte der 24. Oktober des gleichen Jahres den ersehnten Friedensschluss.
Während der endgültige Abzug der letzten im Landgericht verbliebenen Truppen noch bis in den Dezember 1649 auf sich warten ließ, begann unterdessen die Wiederbemeierung der Dörfer. In der Gegend um unsere Heimatortschaften wurden durch Hortensio von Brocco, Herr der Hofmark Tagmersheim, insbesondere protestantische Menschen aus Tirol, Österreich, Kärnten und der Steiermark angesiedelt, um das verwüstete und bereits mit Holz angeflogene Land zu bewirtschaften. Es wird allerdings berichtet, dass sich diese Siedler oftmals bereits in ihrem Vaterland nicht wohl aufgeführt hätten und daher nicht unbedingt als glücklicher Griff zum Wiederaufbau der Heimat gesehen werden können. Und tatsächlich sollte so mancher Übersfelder Pfarrer ein schweres Kreuz an diesem Teil der Pfarrgemeinde zu tragen haben. So ereignete es sich noch Jahrzehnte später, dass ein Bauer während der Predigt schimpfend die Kirche verließ, wofür er jedoch 3 Tage bei Wasser und Brot ins Amtshaus gesperrt wurde. 1649/50 dürfte überdies ein erneutes Aufkommen des Schwarzen Todes und einer Hungersnot dem Wiederaufbau einen herben Rückschlag zugefügt haben.
Es sei noch angemerkt, dass Herzog Wolfgang Wilhelm, der stets Frieden stiften wollte, seit 1636 bis zu seinem Tod 1653 fast ausschließlich in Düsseldorf residierte, welches als Teil des Herzogtums Jülich-Berg an das Haus Pfalz-Neuburg gefallen war. Mit dem Erlangen der pfälzischen Kurfürstenwürde durch Herzog Philipp Wilhelm 1685 war die Verlagerung des politischen Schwerpunktes weg von Neuburg hin in die Pfalz (Düsseldorf, Heidelberg, Mannheim) restlos abgeschlossen. Dadurch berührte der Pfälzische Erbfolgekrieg mit Frankreich (1688 – 1697), in welchem durch das bis dahin beispiellos brutale Vorgehen der französischen Armee auf deutschem Boden („Raubkriege“) die später aus großdeutsch-nationalistischen Gründen propagierte „Erbfeindschaft“begründet liegt, unsere Heimat nur indirekt auf finanzieller Seite.
Wenn man bedenkt, welche Streitigkeiten ein noch so kleiner aufzuteilender Besitz unter den glücklichen Erben auslösen kann, so mag man sich nicht wundern, dass im Jahre 1701 ein ganzer Kontinent in den Kriegszustand entgleitet. Der letzte spanische Habsburger Karl II., Regent eines ganzen Weltreiches, war weder an geistiger noch an körperlicher Gesundheit gesegnet und seine beiden Ehen blieben kinderlos. Und das, obwohl ihm als zweite Gattin Maria Anna von Pfalz-Neuburg, Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm, angetraut wurde, da diese aus einer kinderreichen Familie kommend – sie hatte sechzehn Geschwister – als besonders geeignet erachtet wurde. Mit dem Tode Karls begannen die Streitigkeiten zwischen einer Großen Allianz um das kaiserliche Österreich und England auf der einen und einer Koalition aus Frankreich und Bayern auf der anderen Seite.
Obwohl unser Herzog und Kurfürst Johann Wilhelm um Neutralität bemüht war, konnte er den Krieg nicht von seinem zentral gelegenen Land fernhalten. Nachdem dem bayerischen Kurfürsten Max Emanuel die Donaubrücke in Neuburg nicht freiwillig preisgegeben wurde, eroberte dieser am 3. Februar 1703 die Stadt mit Gewalt. Beinahe wäre dabei unsere heimatliche Flur zum Schlachtfeld geworden. Kaiserliche Hilfstruppen hatten sich bei Blossenau gesammelt, um den bei Rennertshofen lagernden Bayern entgegenzutreten und die Stadt Neuburg zu beschützen. Das drohende Gefecht blieb jedoch aus, da Neuburg zu schnell gefallen war und eine erneute Eroberung wohl nicht notwendig erschien. Die Hilfstruppen zogen jedenfalls unverrichteter Dinge ab.
Während Max Emanuel darum besorgt war, Pfalz-Neuburg zu schonen, konnte er jedoch einzelne Übergriffe und Plünderungen durch seine Truppen nicht vermeiden. Mit der Vereinigung bayerischer und französischer Streitkräfte an der Donau Anfang Mai 1703 waren dann auch die Franzosen in unserer Heimat als Besatzer präsent und forderten Kontributionen. Von der bekannten Schlacht am Schellenberg 1704 bekamen unsere Dörfer den Quellen zufolge nur versprengte Truppen und umherziehende Deserteure zu sehen. Doch noch im gleichen Jahr musste sich das Landgericht Monheim mit der Bereitstellung von Wagen und Pferden zum Transport gewaltiger Geschütz- und Materialmengen aktiv am Kriegsgeschehen beteiligen, da nämlich der Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden – wegen seiner Erfolge im Türkenkrieg auchTürkenlouis genannt – von Nördlingen her zur Belagerung Ingolstadts marschierte. Als er von der Niederlage der franko-bayerischen Truppen bei Höchstädt erfuhr und sich dorthin über Rennertshofen und Daiting auf den Weg machte, dürfte er ganz nah an der Burgmannshofener/Übersfelder Flur vorbeigekommen sein.
Besonders deutlich wird einem vor Augen geführt, was Krieg damals wie heute bedeutet, wenn man hört, dass selbst noch 14 Tage nach dieser großen Schlacht Menschen aus unserem Landgericht zur Bergung der Leichen herbeigerufen wurden, die immer noch bei sommerlicher Hitze auf dem Schlachtfeld lagen.
Mit der folgenden Verlegung des Kriegsschauplatzes an den Rhein endete für unsere Heimat der Spanische Erbfolgekrieg, der in anderen Teilen Europas noch bis 1714 andauerte.
Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz starb 1716 kinderlos, so dass ihm sein jüngerer Bruder Karl Philipp nachfolgte, der zwar eigentlich zum geistlichen Stand bestimmt war aber dennoch in den Türkenkriegen 1691 bis 1694 im kaiserlichen Dienst bis zum Generalfeldmarschall aufgestiegen und 1712 zum Gubernator in den ober- und vorderösterreichischen Landen in Innsbruck ernannt worden war. Als er die Nachricht vom Tode seines Bruders erhält, bleibt er noch bis 1717 in Innsbruck und residiert darauf ein Jahr lang in Neuburg, bevor er 1718 nach Heidelberg übersiedelt. Dort gerät er allerdings bald in Konflikt mit dem reformierten Kirchenrat – die pfälzischen Kurlande waren schon lange protestantisch, wenn auch von einem Katholiken regiert – und beschloss daher kurzerhand, seine Residenz nach Mannheim zu verlegen und dort ein beachtliches Schloss zu errichten. Obgleich er selbst keinen männlichen Nachkommen hatte und die wittelsbachische Linie Pfalz-Neuburg mit ihm 1742 aussterben sollte, so schaffte er es doch durch eine geschickte Heiratspolitik auf der einen und vertragliche Abmachungen auf der anderen Seite, den Grundstein für eine zukünftige Vereinigung der Pfalz mit Bayern zu legen, die bereits unter der Regentschaft seines Großneffen und Nachfolgers Karl Theodor aus der wittelsbachischen Linie Pfalz-Sulzbach Wirklichkeit werden sollte.
Zunächst jedoch entbrannte der Österreichische Erbfolgekrieg (1740 – 1748) um die österreichischen Erblande, da die dortige Thronbesteigung durch Maria Theresia von vielen europäischen Großmächten nicht anerkannt wurde. Die Kurpfalz stand in diesem Konflikt auf Seite Bayerns und Frankreichs und so mussten unsere Vorfahren in den Jahren 1742/43 Heu und Stroh für die Truppen nach Neuburg und Ingolstadt liefern. Erschwerend kam in dieser Zeit noch eine verheerende Tierseuche hinzu, die nach Überlieferung in Gansheim und Ammerfeld den kompletten Viehbestand hinwegraffte. Es ist sicherlich davon auszugehen, dass auch Burgmannshofen und Übersfeld nicht verschont gewesen sind und so scheint es plausibel, die Anfänge der noch heute bestehenden alljährlichen Fuß-Wallfahrt nach Bergen zum Heiligen Kreuz in dieser Zeit zu vermuten. Dagegen spricht jedoch eine ähnliche Wallfahrt in Blossenau, die bereits 1708 belegt ist und so ein früheres Aufkommen auch für Burgmannshofen nahelegt. Letzte Klarheit wird es wohl nie geben.
Als 1745 der bayerische Kurfürst und Kaiser Karl Albrecht stirbt, verträgt sich dessen Nachfolger Maximilian III. mit Maria Theresia. Unserer Heimat bringt dieser Friede die Einquartierung feindlicher Truppen, die die Gegend gründlich ausfouragieren und noch auf dem Felde das Getreide vom Halm schneiden.
Mit genanntem Maximilan III. stirbt am 30. Dezember 1777 die bayerische Linie der Wittelsbacher aus und Kurfürst Karl Theodor erbt das gesamte Bayernland, nunmehr als Pfalz-Bayern bezeichnet.
Jedoch fand Karl Theodor keinen Gefallen daran, seine Residenz in Mannheim gegen die in München einzutauschen, und so versuchte er mehrmals, Bayern mit Österreich gegen die Österreichischen Niederlande zu tauschen, um in der Pfalz ein geschlossenes Staatsgebiet zu erhalten. Vereitelt wurde dieses Vorhaben durch die Intervention Preußens im Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/79, auch bekannt als „Kartoffelkrieg“), in dem zwar kein nennenswertes Gefecht stattfand, Bayern aber dennoch das Innviertel an Österreich abtreten musste. Als österreichische Gesandte 1799 dem im Tode liegenden Kurfürsten doch noch eine Unterschrift für eine Tauschurkunde abgewinnen wollten, versperrte ihnen dessen zweite Ehefrau Maria Leopoldine - sie nahm sich später ihren Witwensitz im nahegelegenen Stepperg - den Weg zu seinen Gemächern und verhinderte so den Anschluss Bayerns an Österreich. Karl Theodor jedoch konnte sich – wer hätte es gedacht – nie großer Beliebtheit im bayerischen Volk erfreuen und so wird noch heute der nach ihm benannte Karlsplatz in München doch lieber Stachus genannt.
Nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 in Paris wurde Europa in der Zeit von 1792 bis zum Wiener Kongress 1815 mit 4 Kriegen zwischen insgesamt 6 variierenden Koalitionen überzogen. Bayern als geographisch zentral gelegene Mittelmacht hatte in diesem Konflikt der Großmächte stets darauf zu achten, politisch nicht unter die Räder zu geraten und seine Eigenständigkeit zu wahren. So erwies es sich bald als eine sehr geschickte Strategie, 1805 die Seiten zugunsten Frankreichs zu wechseln und so österreichischen Gelüsten nach der Ausweitung des Machtbereiches auf bayerisches Territorium zuvorzukommen. Kaiser Napoleon dankte es unserem Kurfürsten Maximilian Joseph mit der Erhebung zum König im Frieden von Pressburg am 26. Dezember 1805. Öffentlich bekannt wurde dieses unsagbar freudige Ereignis durch den bayerischen Landesherold, der am 1. Januar 1806 in Begleitung von 30 Mann der bürgerlichen Kavallerie auf die Plätze Münchens ritt und unter Pauken- und Trompetenschall die Proklamation verlas. Nach dem Desaster des großen Russlandfeldzuges 1812, in dem auch sehr viele Bayern ihr Leben im kalten russischen Winter verloren, wandte man sich erneut gegen Frankreich und konnte somit 1815 als Siegermacht das neu geformte Staatsgebiet konsolidieren. Für dieses geschickte Taktieren dürfen wir unserem ersten König für immer dankbar bleiben.
Da Soldaten jedoch stets gleichen Hunger haben, dürfte es für unsere Vorfahren eher von nebensächlicher Bedeutung gewesen sein, ob ihnen gerade Freund oder Feind die Ernte wegnahm.
Alles begann am 19. August 1796 mit dem Auftauchen der Franzosen, die ihr Lager im Wald zwischen Übersfeld und Gansheim errichteten und von dort aus räuberisch in die Dörfer drängten. Dabei hatten es die Soldaten besonders auf den hiesigen Pfarrer Josef Grauvogel abgesehen, dem sie Vorräte und Geld raubten. Der Pfarrer berichtet, dass ihm dabei von den Übersfeldern nicht nur jegliche Hilfe verwehrt, sondern er von diesen sogar noch verspottet wurde. Fortan hat er von seinen Pfarrkindern, die er als „heimtückisch, falsch, neidisch und übelnachredend“ bezeichnet, keine besonders gute Meinung. Zwar zogen die „wackeren Republikaner“ am 27. August 1796 wieder ab, doch unsere Heimat findet ob einer verheerenden Tierseuche gegen Ende des Jahres keine Ruhe, in Burgmannshofen verenden gar 104 von 130 Stück Hornvieh. In ihrer Not essen viele Menschen dennoch das Fleisch gestorbener Tiere.
Während 1797 aus Übersfeld 3 Männer zum Schanzen zu Fuß nach Ingolstadt berufen werden, durchziehen unsere Gegend mal kaiserliche und mal (gefangene) französische Truppen. Als vom 8. bis 25. November wieder kaiserliche Truppen einquartiert sind, wird der Lindenmeier (Meierbauer) von Burgmannshofen von einem Soldaten gefuchtelt, „weil er grob war“, und der Anderbauer – ebenfalls aus Burgmannshofen – erhält samt seines Sohnes 25 Prügel diktiert, da er sich von einem Soldaten sein Heu zurückholen wollte und es daraufhin zu Streit und Rauferei gekommen war. Von der Strafe jedoch konnte er sich gegen Geld freikaufen.
Die folgende Zeit bringt immer wieder Einberufungen zu Schanzarbeiten nach Ingolstadt, Truppendurchzüge (durch den kleinen Weiler Berg marschierten am 27. Juni 1800 an einem halben Tag 2 kaiserliche Armeen) und erdrückende Einquartierungen (im kleinen Übersfeld durchaus schon mal 80 Mann). Im Februar 1800 ziehen im Rahmen einer landesweiten Musterung junger Burschen Martin Müller aus Übersfeld und Anton Lindenmeier aus Burgmannshofen in den Krieg fort. Von Ersterem ist die Heimkehr im Jahre 1808 überliefert.
Das bereits erwähnte schlechte Verhältnis des Pfarrers Grauvogel zu seiner Pfarrgemeinde nimmt derweil groteske Züge an. Als am 23. April 1808 während des Gottesdienstes ein Teil der Stuckatur von der Kirchendecke herabfällt und den Priester beinahe erschlägt, zeigt sich seinen Aufzeichnungen zufolge die Gemeinde deutlich amüsiert. Die Burgmannshofener und Blossenauer wagten es um 1810 gar, den Pfarrer beim Bischof von Augsburg zu verklagen, da er im Winter nicht oft genug in den Filialkirchen die Messe lesen würde. Wie tief der Gottesmann von dieser Anfeindung getroffen ist, zeigt sich in seiner deutlichen Wortwahl:
„(..)Ei, ei, wie andächtig, wie fromm! Bei schlechtem Wetter soll ich ihnen nachlaufen? Wenn es schön ist, bewegen sie keinen Fuß in den Gottesdienst. Das Dreschen und jede unnötige Arbeit geht ihnen der Messe vor. Es ist nicht der Mühe wert, daß man sich bei ihrem dummen Geschwätz aufhält. (...)“
Im Gegenzug beschuldigt Pfarrer Grauvogel seine Herde, trotz Missernte und Tierseuche im Jahre 1816 dennoch das Geld für Wirtshausbesuche, Tanz und Fastnacht zu haben.
Es finden sich allerdings auch Hinweise, dass die Beziehung der Übersfelder Pfarrer zu ihrer Gemeinde bereits vor dem französischen Einmarsch sehr unharmonische Züge trägt. Beispielsweise prozessierten seit 1771 Pfarrer Schmid und der Lindenmeier (Meierbauer) aus Burgmannshofen insgesamt 8 Jahre lang, da dieser der von seinem Vorgänger Kröll übernommenen Pflicht, dem Pfarrer den kleinen Zehent zu überlassen und ihn zudem an Kirchweih freizuhalten, nicht ordentlich nachgekommen war und den Pfarrer mit hungrigem Magen und unbenutztem Tischzeug wieder heim nach Übersfeld geschickt hat. Die Burgmannshofener trugen mit Spott und Gelächter zur Demütigung des Pfarrers bei, der sich daraufhin hilfesuchend an die politische Obrigkeit wendet. Letztendlich verliert der Bauer und muss die nicht unerheblichen Prozesskosten tragen.
Das Herzogtum Pfalz-Neuburg bestand zumindest formell bis 1808 als Provinz Neuburg innerhalb des Königreiches Bayern fort. Im Zuge der Neuorganisation des Staatswesens Anfang des 19. Jahrhunderts wurde unsere Heimat Teil des Rezatkreises mit Regierungssitz in Ansbach und verblieb daselbst bis 1837, um danach dem Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg zugeordnet zu werden.
Auf kommunaler Ebene bildete Burgmannshofen nach den Edikten zum Gemeindewesen von 1808 und 1818 zunächst eine eigene Gemeinde, wohingegen sich Übersfeld in einem Gemeindeverband mit Blossenau befand. Im Jahre 1832 jedoch stellten die Übersfelder in Ansbach die Bitte, sich von Blossenau zu lösen und der Gemeinde Burgmannshofen anzuschließen. Als Gründe hierfür werden unter anderem die niedrigeren Kosten für die Polizeiverwaltung und die Armenunterstützung aufgeführt, die eine Verbindung mit Burgmannshofen bringen würde, da es dort nur wenige Arme gäbe. Die Blossenauer argumentierten dagegen mit den nicht genau abgegrenzten Fluren zu Übersfeld, den geteilten Weide- und Streurechten sowie der gemeinsamen Schule und Pfarrei, um Übersfeld zum Bleiben zu bewegen. Die Regierung in Ansbach entsprach letztendlich der Bitte und so wurde aus Burgmannshofen und Übersfeld am 25. Februar 1833 eine Gemeinde innerhalb des Standesamtsbezirkes Blossenau.
Im Vergleich dazu verlief die Regelung des Schulwesens unter den drei Ortschaften Blossenau, Burgmannshofen und Übersfeld nicht so reibungslos. Nachdem in früherer Zeit lediglich ein vom Pfarrer eingewiesener Schulmeister den notdürftigen Unterricht der Dorfkinder übernommen hatte, wurde mit dem kurfürstlichen Erlass der allgemeinen Schulpflicht am 23. Dezember 1802 zumindest eine gewisse Grundausbildung forciert. Die große Streitfrage zwischen unseren Dörfern war der Standort des dafür nötigen Schulhauses. Während sich Burgmannshofen wohl recht bald auf einen Schulverband mit dem benachbarten Ammerfeld einigen konnte und die Kinder dorthin in die Schule gingen, bestand Blossenau als das viel größere Dorf gegenüber Übersfeld darauf, Ort der Unterrichtsstätten zu sein. Dennoch versuchten die Übersfelder Pfarrer bereits 1739 und nochmals 1832, in Übersfeld als Sitz der Pfarrei ein gemeinsames Schulhaus für alle drei Ortschaften zu errichten. Der Plan konnte allerdings mit dem Abschluss des Neubaus eines Schulhauses in Blossenau 1841 endgültig als gescheitert angesehen werden.
Graf Johann Adam von Reisach, Landrichter zu Monheim, dürfte nicht schlecht gestaunt haben, als er am 18. Oktober des Jahres 1811 wohl aus heimatkundlichem Interesse den Gottesacker zu Burgmannshofen betrat. Dort an der Kirchenwand lag nämlich – vermutlich seit geraumer Zeit unbeachtet - das Fragment einer Säule, eines römischen Meilensteines, wie wir ihn bereits weiter oben erwähnt haben. Rund 2’7’’ (74 cm) hoch steht darauf geschrieben (ergänzt nach anderen zeitgenössischen Meilensteinen):
(i)M(perator caesar)
(s)EPTIMU(s severus pius)
PERTINAX AUG(ustus) ARAB(icus)
ADAB(enicus) PARTHICUS MAXIMUS
PONTIF(ex) MAX(imus) TRIB(unitia) POT(estate) VIIII
IMP(erator) XII CO(n)S(ul) II P(ater) P(atriae) PROCO(n)S(ul) ET
IMP(erator) CAESAR MARCUS AUREL(ius)
ANTONINUS PIUS AUG(ustus) TRIB(unitia)
POT(estate) IIII PROCO(n)S(ul) …
Der genannte Kaiser Septimus Severus war römischer Kaiser vom 9. April 193 bis zum 4. Februar 211. Graf Reisach überführt seinen Fund sodann auf die Burgruine in Graisbach, die sich seit 1793 in seinem Besitz befindet, und stellt sie dort auf einem Felsen auf. In Burgmannshofen lässt er zum Andenken eine Solnhofer Platte im Inneren der Kirche in der Wand anbringen, deren Inschrift an die außergewöhnliche Begebenheit erinnert:
MILLIARIVM. HEIC. REPERTVM. A. MDCCCXI. XVIII. OCTOB. I.A.D. REISACH. S.R.I.C. SVP. IVD. PROV. GRAISBACENSIS. GRAISBACHIVM. AVEHI. IBIQVE. IN. PREALTA. RVPE. COLLOCARI. IVSSIT.
Bei jüngeren Renovierungsarbeiten in der Kirche wurde die Platte entfernt. Woher die Säule allerdings stammte und wie sie ihren Weg in das als offensichtlich unrömisch klassifizierte Burgmannshofen fand, konnte trotz eifriger Diskussionen um den Verlauf römischer Straßen in unserer Gegend nie geklärt werden.
In der Zuteilung des Landgerichtes Monheim zum 1862 für übergeordnete Verwaltungsaufgaben neu gegründeten königlichen Bezirksamt Donauwörth mag bereits der Beginn der schleichenden Entfremdung zur ehemaligen Residenzstadt Neuburg gesehen werden, die sich in der Gebietsreform in den 1970er Jahren politisch vollendete. Neuburg, das so viele Jahrhunderte Hauptstadt unserer Heimat war, gehörte von da an zum Regierungsbezirk Oberbayern, Burgmannshofen mit Übersfeld zu Schwaben.
Einwohnerzahlen 1864
101 Seelen, 19 Häuser (Burgmannshofen)
55 Seelen, 9 Häuser (Übersfeld)
Einwohnerzahlen 1910
94 Seelen (Burgmannshofen)
54 Seelen (Übersfeld)
Ein besonderes Ereignis für die Pfarrei Übersfeld datiert ins Jahr 1905: Seine Königliche Hoheit Prinzregent Luitpold von Bayern durchreiste auf seinem Weg zum königlichen Gestüt in Bergstetten in seiner Kutsche auch unsere heimatlichen Fluren. In froher Erwartung des hohen Gastes hatten die Schulkinder aus Blossenau und Übersfeld gar ein Gedicht einstudiert und warteten geduldig am Straßenrand in Blossenau auf den vorbeifahrenden Regenten der guten alten Zeit, die alsbald ihr Ende haben sollte.
Der Erste Weltkrieg brachte auch über unsere Gemeinde unfassbares menschliches Leid. In der Chronik des hiesigen Kriegervereines sind drei Gefallene verzeichnet:
- Burgmannshofen -
Rehberger Anton (+ 14. Februar 1915)
- Übersfeld -
Wiedemann Martin (+ 31. Oktober 1917)
Wiedemann Gallus (+ 30. Mai 1918 )
Das Elend und die Entbehrungen der Menschen für seine Sache nutzend erklärte Kurt Eisner in der Nacht zum 8. November 1918 die bayerische Monarchie für in seinen Augen beendet, wobei das Morden des Krieges auch ohne die in den Bürgerkrieg führende Revolution am 11. November aufgehört hätte.
Dagegen schmerzt die tiefe Wunde, die das Fehlen einer Krone an der Spitze des Staates in Bayerns Herz gerissen hat, noch heute. Vielleicht sogar mehr denn je, hat doch das Land eine wahrhaft würdige und über die niedere Alltagspolitik erhabene Identifikationsfigur von generationenübergreifender Weitsicht bitter nötig.
Unsere Gemeinde durchstand die Zeit des Krieges wohl weitestgehend unbeschadet. Erst als 1945 die deutsche Front von Norden her kommend über unsere Dörfer hinweg zur Donau zurückgezogen wurde, befand man sich am 25. April inmitten der – mehr oder weniger – kämpfenden Truppe. Während in Übersfeld noch von einer Schießerei berichtet wird, bevor um die Mittagszeit amerikanische Panzer in das Dorf rollen, ereignen sich um Burgmannshofen vor dem Eintreffen der Amerikaner in den Abendstunden noch einige Granateinschläge, die jedoch keinen Schaden anrichten. Da sich die letzten Reste der Wehrmacht eiligst Richtung Usseltal zur Papiermühle abgesetzt hatten, stieß das 180. Regiment der 45. US-Infanteriedivision (7. US-Armee) bei uns auf keinen nennenswerten Widerstand. Die Amerikaner jedoch feuerten die ganze Nacht hindurch ihre Artillerie-Granaten bereits über die Donau, bevor ein großer Teil der Soldaten wieder weiterzog. Eine kleinere Gruppe verblieb noch ungefähr eine Woche in Burgmannshofen.
Auch Burgmannshofen und Übersfeld – wie vielen anderen Ortschaften - waren Kriegsgefangene (Franzosen) zugeteilt, deren Unterkunft in Burgmannshofen im Anwesen Stöckl (Rochus) eingerichtet war. Bereits kurz nach Ankunft der Amerikaner verließen die Franzosen am 27. April unsere Ortschaften.
Auch wenn die Heimatdörfer selbst vom Kriege verschont blieben, so hatten sie doch unermessliche Opfer zu bringen. Die Quellen nennen folgende Gefallenen:
- Burgmannshofen -
Roßkopf Ludwig (* 31.12.1914, + 8.3.1942)
Roßkopf Martin (* 19.10.1923, + 29.9.1942)
Stempfle Josef (* 28.1.1914, + 15.9.1943)
Heckel Leonhard (* 30.8.1903, + 6.9.1945)
Riedelsheimer Anton (* 25.1.1912, vermisst)
Veicht Georg (* 14.2.1926, vermisst, für tot erklärt Januar 1944)
- Übersfeld -
Roßmann Ludwig (* 9.8.1921, + 27.9.1941)
Rehberger Eduard (* 6.10.1911, + 30.9.1942)
Roßmann Emil (* 17.6.1924, + 10.2.1945)
Steib Vitus (* 15.6.1913, vermisst, für tot erklärt Dezember 1945)
Während der Anschluss an die Lech-Elektrizitäts-Werke bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattgefunden hatte (in Übersfeld um 1938), begann nach dem Krieg ein wirtschaftlicher Aufschwung bisher ungekannten Umfangs. Insbesondere die moderne Wasserversorgung war für rein landwirtschaftlich geprägte Dörfer wie Burgmannshofen und Übersfeld sicherlich mehr als nur eine technische Neuerung.
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Menschen meist nur durch hofeigene Brunnen Zugang zum lebenswichtigen Nass und sahen sich so in Warm- und Trockenperioden oftmals bedrohlichem Mangel ausgesetzt. Man kann sich also leicht vorstellen, dass an den allgemein zugänglichen Wasserquellen in derartigen Notzeiten so mancher Streit ausgetragen wurde.
Erstaunlich früh reifte im kleinen Übersfeld die Idee einer gemeinschaftlichen Wasserversorgung. Bereits am 18. September 1947 nahm der Vorarbeiter im Anwesen Rehberger Quartier, so dass nach der Ankunft der benötigten Rohre aus Amberg am Monheimer Bahnhof am 20. Oktober mit dem Verlegen einer Leitung von einer ungefähr 500 Meter entfernten Quelle zu den Häusern begonnen werden konnte. Das zukunftsweisende Projekt konnte mit der Installation eines Hochbehälters Ende 1950 erfolgreich abgeschlossen werden.
In Burgmannshofen agierte man weit weniger weitsichtig. Mit dem außerhalb des Ortes gelegenen Moosbrunnen hatte man ein seit jeher sehr ergiebiges Wasserreservoir angezapft, das sicher noch heute ausreichend wäre, ganz Burgmannshofen zu versorgen. Hatte ihn ein Bauer leergeschöpft, so konnte der Nächste den Zulauf schlicht abwarten. Während es daher nicht überrascht, dass sich dieser Wasserreichtum auch bis in die weniger gesegneten Nachbardörfer herumgesprochen hatte, kann man hingegen nur schwer verstehen, warum dieser Brunnen während der oftmals sehr unüberlegt durchgeführten Flurbereinigung (1966 – 1972) verfüllt wurde. So schloss man sich stattdessen den nahegelegenen Dörfern Ammerfeld und Kienberg im 1961 gegründeten „Zweckverband Ammerfeldgruppe“ an, der einen Brunnen von 127 Metern Tiefe auf dem Schafberg bei Ammerfeld und einen Zwischenspeicher nahe dem hoch gelegenen Asbrunn unterhielt. Das Verlegen der nötigen Wasserleitungen (1962) wurde ebenso wie der Bau der Kanalisation und der Kläranlage im Zuge des Ausbaus der Ortsstraßen (1963) durchgeführt.
Als sich 1993 die Qualität des geförderten Wassers zu sehr verschlechtert hatte, wurde eine über zwei Kilometer lange Leitung nach Trugenhofen mit Anschluss an die „Heimberggruppe Rennertshofen“ verlegt, der Burgmannshofen nach der Auflösung des Zweckverbandes (2003) heute als Gastabnehmer angehört.
Leider fallen in diese dem Fortschritt huldigenden 1960er-Jahre auch Taten, die der Pflege oder gar der Förderung des eigenen Charakters unserer Dörfer sehr entgegenwirkten. Alte, beseelte Häuser wurden teilweise abgebrochen und durch Gebäude ersetzt, die in ihrer baulichen Einfallslosigkeit das Gemüt des das Schöne liebenden Menschen bestenfalls kalt lassen. Eine aus heutiger Sicht sicherlich als Vergehen am Wesen des Dorfes zu bezeichnende Aktion war 1962 die Fällung der Burgmannshofener Dorflinde, die von ihren tief in die Vergangenheit reichenden Wurzeln bis in die weit in den Himmel erhobene grüne Krone ein herrliches Ausmaß an Kontinuität versinnbildlichte. Die Teerstraße hatte schlicht Vorrang.
Nach der Gründung eines Schulverbandes 1967 wurde die Gemeinde Burgmannshofen mit Übersfeld im Jahre 1972 auch politisch nach Marxheim eingemeindet. Dass sich nun die Burgmannshofener und Übersfelder Kinder nach den langen Streitigkeiten um den Standort des Schulhauses noch im Jahrhundert zuvor erstmals 1969 zusammen im entfernten Marxheim in der gleichen Klasse bzw. ab 1985 im neu erbauten katholischen Kindergarten „Peter und Paul“ fanden, trägt die üblichen ironischen Züge unserer heutigen Welt.
Unter beachtenswerter Beteiligung der Dorfbevölkerung - besonders auf finanzieller Seite - wurde ab 2005 von der Gemeinde Marxheim die überfällig gewordene Sanierung der Burgmannshofener Ortsstraßen samt Wasserleitungen und Kanalisation betrieben. Um diesem Großprojekt angemessen Zeit zur Verfügung zu stellen, verschob man sogar das Ehrenfest der Freiwilligen Feuerwehr um ein Jahr auf 2007.
Bei diesem Aufsatz handelt es sich um eine wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügende Arbeit eines geschichtswissenschaftlichen Laien. Es wurde auf folgende Literatur und Quellen zurückgegriffen:
D-86688 Burgmannshofen
Bayern